Bundestrainer Hansi Flick überrascht mit seinen Kadernominierungen für Deutschlands Testspiele gegen Israel und Niederlande. Längst vergessene Spieler sind plötzlich wieder im DFB-Kader. Teils nach jahrelanger Auszeit. 

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Die Rückkehr der längst Vergessenen

Bundestrainer Hansi Flick hat im Weltmeisterschafts-Jahr zwei Testspiele vor der Brust. Die will der Nationalteam-Trainer nutzen, um Kandidaten für das Großevent im Winter zu testen. Darunter sind einige Rückkehrer, die in jüngerer Vergangenheit keine Rolle mehr spielten.

Julian Weigl, Robin Koch, Benjamin Henrichs und Julian Draxler waren teils jahrelang weg, sind jetzt wieder da. Ihre Nominierungen kommen aus den verschiedensten Gründen überraschend.  

Julian Weigls letztes Länderspiel ….

… datiert aus dem Jahre 2017. Ganze fünf Jahre war der Mittelfeldstratege kein Thema mehr für das deutsche Nationalteam. Nun ist der frühere Dortmund-Spieler und jetzige Portugal-Legionär aus der jahrelangen Versenkung wieder zurück im DFB-Kader. Weigl ist in dieser Saison absoluter Leistungsträger bei seinem Klub Benfica Lissabon und darf schon bald im Champions League Viertelfinale gegen Klopps FC Liverpool auflaufen.

Weigls überraschende Einberufung kostete Spieler wie Mo Dahoud oder Maximilian Arnold einen Kaderplatz, auf die Flick 2021 zählte. Das heißt aber noch nicht, dass das Rennen auf dieser Position entschieden ist. Flick will im Testländerspiel-Lehrgang möglichst viele Spieler sichten und testen, um zu sehen, wer in sein bevorzugtes Spielsystem am besten hineinpasst. Dafür sind Testspiele da.

Unsere WM-Mittelfeldachse steht ohnehin schon jetzt fix fest. Joshua Kimmich und Leon Goretzka werden – wie bei ihrem Klub Bayern – gemeinsam die Zentrale bilden. Gemeinsam mit Ilkay Gündogan, der auch als 10er eingesetzt werden kann, sollte Thomas Müller eines Tages nicht mehr so genial spielen wie er es jetzt tut.

Alle anderen zentralen Mittelfeld-Akteure werden sich – Stand jetzt – im Idealfall um einen begehrten Kaderplatz als möglicher Einwechselspieler streiten. Wobei der Gladbacher Florian Neuhaus dank seiner technischen Fertigkeiten, exzellenten Schusstechnik und genialen vertikalen Pässe in die Spitze bei Flick gefühlt die Nr. 4 im Roster zu sein scheint. 

➤ Robin Kochs letztes Länderspiel ….

… datiert vom Juni 2021 bei einem Freundschaftsspiel gegen Lettland. Seitdem verpasste der Leeds-Legionär alle EM-Spiele und alle WM-Qualifikationsspiele. Die letzten zwölf Länderspiele gingen allesamt ohne den früheren Shooting-Star über die Bühne (auch wegen einer langwierigen Schambeinverletzung). Nun ist der frühere Freiburger zurück in der Mannschaft und bekommt von Flick eine Bewährungschance. Der 1,91m große Enland-Legionär ist auf mehreren Positionen einsetzbar. Koch kann sowohl Innenverteidiger als auch Sechser spielen. Angesichts der größeren Nöte hinten in der Verteidigung könnte Flick ihn als potenziellen WM-Kandidaten vor Standard-Torhüter Manuel Neuer testen.    

➤ Das x-te DFB-Comeback von Julian Draxler

Paris-Legionär Julian Draxler hat seit eineinhalb Jahren keine Nominierung mehr für das deutsche Nationalteam erhalten. Doch auch er bekommt von Flick eine weitere Chance, sich noch einmal ins Team zu spielen. Die erste Berufung seit 2020 kommt unerwartet. Draxler steht bei Paris seit Jahren auf dem Abstellgleis – so auch heuer. Lediglich 527 Einsatzminuten sprechen Bände. Flick steht aber auf technisch versierte Spieler mit unvorhersehbaren Aktionen und Zug zum Tor – und da ist Draxler einer immer noch einer der besten Fußballer, den Deutschland hat. 

➤Benjamin Henrichs ist zurück

Auch der Leipziger Benjamin Henrichs bestritt 2021 kein einziges Länderspiel, profitiert neben seinen starken Leistungen bei Leipzig vom Formtief des Wolfsburgers Ridle Baku.

Jonas Hofmann dürfte sich rechts hinten in der Pole Position befinden. Henrichs und Baku streiten sich um einen Platz als Ersatz für den torgefährlichen und spielstarken Gladbacher. Jogis Liebling Lukas Klostermann ist in der Wertschätzung von Hansi Flick etwas zurückgefallen. 

Links hinten läuft es auf einen Dreikampf zwischen dem Flankengott David Raum, dem unermüdlichen Kämpfer Robin Gosens und dem dynamischen Speedster Christian Günter hinaus. Mit Tendenz David Raum, der immer besser und besser wird – und auf den nun sogar die Bayern ein Auge geworfen haben sollen. Kein Faktor mehr unter Flick sind die einstigen Team-Fixgrößen Nico Schulz und Marcel Halstenberg.

Der Neue – Anton Stach

David Raum legte 2021 einen kometenhaften Aufstieg hinein. Von der 2. Liga zum Nationalspieler innerhalb eines Jahres. Diesen höchst seltenen wie bewundernswerten Karriere-Werdegang kopiert gerade der Mainzer Anton Stach. Letztes Jahr im Frühling spielte der U21-Europameister noch bei Greuther Fürth, wechselte dann im Sommer zu Mainz und steht nun im 26-Mann-Kader des deutschen Nationalteams. Was für ein phänomenaler Aufstieg im Rekordtempo. 

Stach war vor wenigen Monaten noch nicht einmal Stammspieler bei Mainz, darf aber nach nur 21 Bundesliga-Spielen über seine erste Deutschland-Nominierung jubeln. Der 23-Jährige ist trotz seiner jungen Jahre ein Anführer, der gerne das Heft des Handelns in die Hand nimmt. Sein Trainer in Mainz, Bo Svensson, bescheinigt dem defensiven Mittelfeldspieler gute Entscheidungen, ein starkes Kopfballspiel sowie Tempo, Dynamik und Torgefahr.

Wenn das nicht nach Leon Goretzka 2.0 klingt. 

Übrigens verzichtete Bundestrainer Hansi Flick auf die Dienste von Stachs Stürmerkollegen Jonathan Burkhardt. Deutschlands Stürmerhoffnung hat 2022 noch kein Tor geschossen, befindet sich in einem kleinen Leistungs-Loch. Vielleicht ein Anzeichen dafür, dass Hansi Flick – anders als Vorgänger Jogi Löw – viel mehr aus Leistungsaspekte wert legt.  

Kein einziger BVB-Spieler nominiert

Dieser Kader tut Borussia Dortmund verdammt weh. Hansi Flick hat keinen einzigen Dortmunder einberufen.

Marco Reus, der immer wieder verletzt oder krank ist – so auch zuletzt -, fehlt im Aufgebot für die Testländerspiele. Flick weiß zur Genüge, was ein Reus kann. 

Dafür mehren sich die Zeichen, dass die großartige, langjährige DFB-Karriere des zuletzt ohnehin sehr instabilen Mats Hummels endgültig vorüber zu sein scheint. Nach der Europameisterschaft im letzten Jahr bzw. seit dem Antritt von Hansi Flick als Nachfolger von Joachim Löw erhielt der langjährige Nationalteam-Innenverteidiger keine einzige Einberufung mehr.

Für Löw war Hummels bei der EURO ein erfahrener Notnagel, weil die jungen Innenverteidiger nicht lieferten wie gewünscht. Der neue Bundestrainer Flick indes setzt voll und ganz auf die neue Generation um Niklas Süle, Antonio Rüdiger oder Nico Schlotterbeck (erhielt eine Einsatzgarantie).

Jerome Boateng rechnet übrigens selbst nicht mehr damit, dass er noch einmal ins Team berufen wird.

Ebenfalls keine Verwendung hat Flick momentan für die schwarz-gelben Mittelfeld-Akteure Emre Can und Mo Dahoud. Can ist zu langsam für den Highspeed-Fußball, den der ehemalige Bayern-Trainer auch im deutschen Nationalteam spielen lässt. Bei Dahoud dürfte es für eine WM-Teilnahme ebenfalls eng werden. Flick gab dem eher formschwachen Florian Neuhaus den Vorzug. Wenn der rekonvaleszente Leon Goretzka wieder fit ist und Anton Stach noch weiter in seiner Entwicklung reift, wird es für das unkonstante Dortmunder Talent nur schwer für einen WM-Kaderplatz reichen.

Genauso wie für Spielmacher Julian Brandt, der Wackelkandidat ist. Wird das Jahrhunderttalent Florian Wirtz rechtzeitig wieder fit, bekommt er einen Fixplatz und Draxler und Brandt werden wohl vor dem Fernseher zuschauen müssen. 

Die Spieler ohne Nominierung – unter anderem:

  • Bernd Leno
  • Leon Goretzka
  • Robin Gosens
  • Niklas Süle
  • Florian Wirtz
  • Marco Reus
  • Mats Hummels
  • Julian Brandt
  • Mo Dahoud
  • Maximilian Arnold
  • Lukas Klostermann
  • Kevin Volland

Und noch einer fehlt:

Keine Nominierung für Götze – Wenn nicht jetzt, dann wohl nie

Mario Götze war der Held der WM 2014 in Brasilien. Bei der WM in Katar wird er keine neue Heldenrolle mehr einnehmen können. Flick testet in den beiden Länderspielen gegen Israel und Niederlande einige fallen gelassene Spieler aus, Götze gehört aber nicht dazu. Wenn Flick unser einstiges Jahrhunderttalent bei diesen beiden „bedeutungslosen“ Testmöglichkeiten nicht aufspielen lässt, lange vor der WM, dann wohl gar nicht mehr.

Götzes einzig verbliebene Restchance: Ein Wechsel im Sommer zu einem großen Klub in einer großen Liga.

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