MEINUNG

Bayern-Zampano Uli Hoeneß verhält sich seit Monaten wie ein waidwundes Tier. Eine Entgleisung folgt der nächsten.  Der Präsident scheint die Kontrolle verloren zu haben: über sich und den Verein

Er ist der erfolgreichste Bundesliga-Manager des deutschen Fußballs. Nicht nur der Gegenwart, sondern aller Zeiten. Was Uli Hoeneß in seinem Leben erreicht hat, hat vor ihm noch kein anderer Mensch im deutschen Fußball erreicht. Da, wo der FC Bayern jetzt steht im Weltfußball, das haben sie in erster Linie Uli Hoeneß zu verdanken. 

Umso betrüblicher ist es mitanzusehen, wie der große Bayern-Zampano seit seiner Rückkehr, vor allem aber in den letzten Wochen und Monaten, sein eigenes Denkmal beschädigt. Der Bayern-Manager macht ungewohnt viele Fehler, bringt unnötig viele Menschen gegen sich auf und den Verein zunehmend in Verruf. Da es sportlich nicht läuft und die Kritik an ihm immer lauter wird, setzt er zum Rundumschlag gegen alle an. Der 66-Jährige weiß sich offenbar in Zeiten der Krise (wieder mal) nicht anders zu helfen, als die Abteilung Attacke aus der Mottenkiste heraus zu holen. Diesen Umstand kritisiert auch Deutschlands Rekordnationalspieler Lothar Matthäus an seinem einstigen Boss (in einem Interview mit „Goal & Spox“): „Normalerweise muss ein Präsident ,nur‘ den Klub repräsentieren. Er redet viel über Fußball, das ist nicht sein Aufgabenbereich. Ich denke, weniger ist in der aktuellen Situation mehr.“

Uli Hoeneß´ gezeigtes Verhalten, es entspricht weniger dem eines Top-Managers eines der reichsten Fußball-Vereine der Welt, sondern immer mehr dem eines gealterten Mannes, dem die Dinge zunehmend entgleiten, der nicht mehr immer weiß, was er tut. Mit dem Rücken zur Wand stehend agierte der Bayern-Präsident zuletzt wie eine Prima-Donna, wie ein angegriffenes, waidwundes Tier, das überall nur Gefahren und Angriffe wittert und folglich instinktiv um sein eigenes Überleben kämpft. Noch schlimmer: Hoeneß erinnert in seinem Denken und seinen Aussagen immer mehr an US-Präsident Donald Trump. Je mehr er attackiert wird, desto irrer seine Gegenattacken. Uli Hoeneß scheint die Kontrolle verloren zu haben, über sich und über den Verein. 

Hoeneß seine Fehler

Eine Liste seiner größten Böcke zum Schaden des Klubs

* Die peinliche PK, in der er zum Rundumschlag gegen alle ausholte (wie ein waidwundes Tier eben) – und damit alles nur noch viel schlimmer für die Bayern machte

* Hoeneß beleidigte zuletzt gleich eine ganze Riege an verdienten Fußballern: Juan Bernat, Mesut Özil, Karim Bellarabi und und und

* Er hätte einen Philipp Lahm oder Max Eberl als Sportdirektor haben können. Doch er wählte No Name Hasan Salihamidzic 

* Hasan Salihamidzic ist eine Lame Duck. Er hat einen wichtigen Posten inne, aber de facto kaum Macht, weil Hoeneß, aber auch Rummenigge, partout keine abgeben wollen

* Hoeneß verpasste den Generationenwechsel: Robben und vor allem Ribery haben längst nicht mehr das Niveau, für einen Weltverein wie Bayern regelmäßig in der Startelf aufzulaufen. Auch die Innenverteidiger-Weltmeister Boateng und Hummels sind sehr fehleranfällig geworden, wie man schon mit freiem Auge bei der Weltmeisterschaft in Russland erkennen konnte. Dazu sind Beide häufig verletzt.   

* Den eher unerfahrenen Trainer-Aufsteiger Nico Kovac zu holen, war offenbar ein Fehler. Er hätte Tuchel haben können, aber der Bayern-Macher wollte keinen starken Mann neben sich. Hoeneß wollte keinen Trainer, dem er nicht dreinreden kann, der ihn vielleicht sogar ignoriert.

* Gerade macht Hoeneß seinen mutmaßlich nächsten Fehler. Er hält trotz 9 Punkten Rückstand auf Platz 1 in der Bundesliga an Kovac fest, weil er mal ein gutes Spiel in der Champions League machte.  

* Dem nicht genug verbannte der Präsident nach Majestätsbeleidigung die Bayern-Legende und Fan-Liebling Paul Breitner aus dem Stadion (Breitner: „Was den Uli angeht: Ich verstehe vieles nicht, was dort passiert ist“) . Ein Donald … ein Uli Hoeneß lässt sich nicht kritisieren. 

*  Der vielleicht größte Fehler: Hoeneß, ein Primus Inter Pares, kann sich keine Fehler eingestehen – weswegen er so weiter wie bisher macht und Fehler wiederholt

Mit all diesen Umständen schadet(e) Uli Hoeneß dem Verein. Sein Rückhalt im Klub, bei den Sponsoren und den Medien beginnt zu bröckeln. Auf der Jahrespressekonferenz vor ein paar Tagen, sonst eine egoschmeichelnde Feierveranstaltung für den allmächtigen Präsidenten, musste Uli Hoeneß trotz neuer Umsatzrekorde und Rekordfinanzen ein Pfeif- und Buh-Konzert über sich ergehen lassen. 

Hoeneß Persönlichkeit wird immer mehr zum Problem

Die obig genannten größten Fehler von Hoeneß sind seiner Persönlichkeit geschuldet. Hoeneß ist ein Machtmensch, der sich von nichts und niemanden dreinreden lässt. Im Persönlichkeitscoaching fiele schnell der Begriff „beratungsresistent“ bei einem Klienten wie ihm. Er weiß immer alles am besten. Sein Wort gilt. Alle Anderen müssen sich nach ihm richten. „Mia san Ich“ nannte die Bild-Zeitung diesen Charakterzug von Hoeneß so treffend. Die Ich-AG Hoeneß kontrolliert alles, aber wer kontrolliert Hoeneß? Eigentlich niemand!

Hoeneß ist in diesem Bereich wie Trump, unfähig Fehler bei sich zu erkennen. Wenn es schief geht, sind die Anderen schuld. Er glaubt offenbar manchmal, er sei sakrosankt und ihm gehöre die Welt. Diese Einstellung büßte er schon bitterlich mit einer Gefängnisstrafe wegen Steuerhinterziehung. 

Aber früher führte sein Verhalten doch auch zum Erfolg

Über viele Jahrzehnte heimste Uli Hoeneß mit seinem dominanten Herrscher-Verhalten einen großartigen Erfolg nach dem anderen ein. Doch die Welt hat sich inzwischen gewandelt. Die Gesellschaft hat sich verändert. Der Fußball hat sich weiterentwickelt. Uli Hoeneß aber nicht. Der ist der Gleiche geblieben. In Zeiten Agilen Managements und disruptiven Veränderungen sind jedoch andere Kern-Werte gefragt, als sie der „andere Kaiser von Bayern München“ lebt.

Bei Darwin hieß es: Anpassen oder Aussterben

Hoeneß mutiert mehr und mehr zu einem Fossil, das in diese Zeit nicht mehr so recht passen will. Insgeheim merkt Hoeneß es vielleicht schon längst und reagiert bei seinem einsamen Kampf ums Überleben und der Verteidigung seines Lebenswerkes auf seine typische Weise: Mit unangebrachter Emotionalität, verletzenden Rundumschlägen und nun auch noch Fehleranfälligkeit. Hoeneß ist kurz davor, seinem Nachfolger einen kleinen Scherbenhaufen auf zugegebenermaßen sehr hohem Niveau zu hinterlassen. Seine zweite seit 2016 währende Ära als Präsident des FC Bayern München, sie reicht nicht mehr an seine erste heran. Der große Uli Hoeneß – genauso wie Robben und Ribery scheint auch er den richtigen Zeitpunkt für einen Abgang in Würde verpasst zu haben. Bei Philipp Lahm wunderte man sich nach der WM 2014, wieso er seine Karriere beendete. Doch der Weltmeister-Kapitän erkannte einfach nur die Zeichen der Zeit. Dass es nicht mehr so reicht wie früher. Bei Hoeneß wünschen sich immer mehr Bayern-Freunde, dass auch der 66-Jährige zu dieser Erkenntnis gelangt und diesen Schritt ebenfalls bald macht. 

Mag. Daniel Hoffmann – Autor und Gründer von Fußball und Football News