Die erhoffte Weiterentwicklung blieb im Testländerspiel gegen Peru aus. Der ersehnte 2. Schritt zurück zur absoluten Weltklasse erfolgte nicht. Stattdessen gab es einen Rückfall in alte, schlechtere Zeiten. Im Spiel nach vorne nahm Deutschland – wieder mal – etwas zu viel Risiko. In der Konterabsicherung agierte Deutschland – wieder mal – zu nachlässig. Nach dem guten Auftritt gegen Weltmeister Frankreich war das Peru-Ländermatch leider eine kleine Enttäuschung für den deutschen Fußball-Anhänger.

* Eine Spiel-Analyse des Test-Länderspiels gegen Peru

* Rückfall statt Weiterentwicklung – mehr 2018 als 2014

* Das Gegen-Pressing funktionierte teils sehr gut

* Toni Kroos wird zum Schweinsteiger

* The Next Generation – Ähnlichkeiten mit den jungen Franzosen

* Statistiken zum Spiel

* Sowie ein kleiner Ausblick auf das nächste Ländermatch 

Die Spielanalyse

Veränderungen gegenüber Frankreich

Für Neuer, Rüdiger, Hummels, Goretzka und Müller starteten ter Stegen, Süle, Schulz, Gündogan und Brandt.

Drei Team-Debütanten

Ihr erstes Länderspiel für Deutschland bestritten Nico Schulz von Beginn weg sowie als Einwechselspieler Thilo Kehrer und Kai Havertz. Jogi Löw testete Schulz und Kehrer als Außenverteidiger. Offensiv-Kraft Havertz durfte in den Schlussminuten sein Debüt feiern. Alle drei Neulinge sind schnell, dynamisch, aggressiv. Sie erinnern in ihrer Athletik an die jungen französischen Weltmeister.

Toni Kroos wird zum Schweinsteiger

Lange Zeit war Toni Kroos mit seiner Zunge aggressiver als mit seinen Beinen. Abseits des Feldes schwang er große Reden von Einsatz und Wille, auf dem Platz wich er gerne Zweikämpfen aus, ließ andere die Drecksarbeit für ihn erledigen. Damit hatte Deutschland gleich zwei Spieler, die nicht fürs Team fighteten (Özil lässt grüßen). Gegen Frankreich, vor allem aber gegen Peru, sahen die Zuschauer einen verwandelten Toni Kroos. Er stürzte sich, für seine Verhältnisse, kompromisslos auf den Gegner. Nun spricht er nicht mehr nur von Einsatz, Aggressivität und Zweikampfstärke – er lebt die Tugenden auf dem Platz vorbildlich vor. In ersten Zügen erinnert Toni Kroos an Bastian Schweinsteiger im WM Finale 14, als dieser weder sich noch Gegner schonte – und im Maracana mit dem Weltmeister-Titel zur unsterblichen Legende des deutschen Fußballs aufstieg. Die neue Körpersprache von Kroos sicherte Deutschland das 1:1. Eigentlich war der Real-Star schon umgefallen, als dieser, mit aller Willenskraft, bereits im Hinfallen, den entscheidenden Pass zu Brandt spielte.

Erfolgreiches Gegen-Pressing

Vor allem in Hälfte 1 fiel das starke Gegenpressing auf. Im Rudel sowie in Höchstgeschwindigkeit à la Red Bull Mannschaften jagten sie den ballführenden Spieler der Peruaner, provozierten gegnerische Fehler. Bei der WM waren die deutschen Pressing-Versuche noch halbherzige Einzelaktionen. Der Ausgleich zum 1:1 durch Brandt war letztlich ein Resultat des aggressiven, gemeinsamen Gegen-Pressings.

Ein Rückfall statt Weiterentwicklung

Deutschland stand lange Zeit wieder sehr hoch gegen die Peruaner, schnürte die Südamerikaner regelrecht in ihrer Hälfte ein. Die Balance zwischen Defensive und Offensive passte aber nicht mehr so gut wie gegen den Weltmeister vier Tage zuvor. Deutschland nahm gegen den schlechteren Gegner  mehr Risiko, was (wieder mal) zu Lasten der Konterabsicherung ging. Diese funktionierte merklich schlechter als noch gegen Frankreich. In Teilen erinnerte das Szenario wieder an das vogelwilde Angriffsspiel bei der WM in Russland. Ein Rückschritt. Die Weiterentwicklung blieb in Spiel 2 nach dem WM aus.  „Daran müssen wir arbeiten“, analysierte Joachim Löw nach dem Spiel.

Knipser händeringend gesucht

Deutschland vergab wieder allerbeste Chancen. Allen voran Marco Reus. Er selbst betonte in Interviews  mehrfach fast schon flehentlich, dass die 9 nicht seine Lieblingsposition ist. Solange aber kein anderer Stürmer von echtem Schrott und Korn in Sicht ist, wird der Dortmunder Flügelstürmer wohl immer wieder mal an vorderster Front einspringen müssen. Immerhin ließen Reus, Brandt und Gündogan den Ball teils mit herrlichem One-Touch-Fußball so schnell und artistisch zirkulieren, dass die Peruaner nicht mehr wussten, wie ihnen geschieht. Der Wechsel im Sturm in Hälfte 2 von Reus zu Werner verpuffte. Der junge Leipziger ließ in Hälfte 2 erneut den notwendigen Killer-Instinkt vor dem Tor vermissen. Man kann davon ausgehen, dass ein Lukaku (Belgien) oder Lewandowski (Polen) solche Dinger von Werner oder Reus gemacht hätten. Schießt halt Rookie Schulz mit seinem 1. Tor im 1. Länderspiel Deutschland zum 2:1 Testspielsieg über Peru.

„Müssen die Spieler zehn Liegestütze machen, wenn sie das leere Tor nicht treffen“
Frage eines Kinderreporters an Bundestrainer Joachim Löw nach den erneut vielen vergebenen Chancen

Ausgewählte Statistiken zum Spiel

Spiele absolvierte Jogi Löw als Teamchef der deutschen Nationalelf. Der Bundestrainer zieht damit mit der Nr. 1, Sepp Herberger, gleich

läppische Tore schoss das DFB-Team in den letzten 11 Länderspielen

verschiedene Spieler erzielten die letzten 8 Tore

Spiele in Serie ist das deutsche Team nunmehr ungeschlagen

Ausblick aufs nächste Länderspiel – Was gegen Holland besser / anders werden muss

  1. Die Sache mit Khedira klären – ist er nach den Kimmich-Gala-Auftritten noch ein Spieler für Deutschland oder nicht?
  2. Wir haben passable Außenverteidiger (Ginter-Hector) aber Weltklasse-Innenverteidiger – eine Dreier-Kette könnte eine vielversprechende Lösung sein
  3. Serge Gnabry zurückholen und Julian Draxler mal eine Pause vom Team „gönnen“
  4. Nie wieder so arrogant spielen wie bei der WM