Die 1. Runde im NFL Draft 2023 ist geschlagen. Die Carolina Panthers pickten als First Overall ihren Franchise-Quarterback der Zukunft. Welche Picks überraschten? Welche Picks ergeben Sinn? Eine Analyse.
01 Bryce Young – Quarterback
Alabama / Carolina Panthers
Per Trade mit den Chicago Bears vor dem Draft
So jung kommen wir nicht mehr zam. Es war der allseits erwartete Pick zu Beginn des NFL-Drafts 2023. Die Carolina Panthers waren Quarterback-needy – und pickten als First Overall Draft Bryce Young. Den komplettesten Quarterback seiner Draft-Class, von dem die Panthers nicht weniger erwarten, als dass er ihr glorreicher Quarterback der Zukunft wird.
2022 gaben „Kapazunder“ wie Sam Darnold, P.J. Walker und Baker Mayfield under Center ihr Bestes. Das war aber herzlich wenig. Und letztlich der Grund, wieso Carolina dem schlechtesten Team der NFL-Saison 2022 – den Chicago Bears – für viel Spielerkapital den Nummer 1 Pick abluchsten.
Bryce Young hat viele Stärken: Er ist geduldig in der Pocket, findet sein Ziel sehr häufig und ist bei Bedarf auch sehr beweglich, um Tacklings der Defender auszuweichen. Allerdings ist er nicht so schnell wie Kyler Murray, obwohl er die idente Größe hat.
Damit sind wir bei Youngs größtem Manko angelangt: Er ist für einen Quarterback sehr klein. Die Gefahr besteht, dass seine Pässe von der gegnerischen Defense deflected oder gar abgefangen werden. Young nimmt die Kritik an seiner Körpergröße locker: „I’m confident in myself. I know what I can do.”
Und Russell Wilson hat fast die gleiche Körpergröße wie sein junger Kollege – und soll ja nicht so ein Schlechter als Quarterback sein!
Damit könnte Carolina sogar in der neuen Saison die Division gewinnen. Der Königsmacher ist gefunden und die Konkurrenz geschwächt. Tampa ist nach dem Brady-Abgang im Rebuild-Modus, New Orleans ist seit dem Abschied von QB Drew Brees und HC Sean Payton nicht mehr es selbst – und die Atlanta Falcons laben seit dem Superbowl-Trauma immer noch ihre Wunden. Die NFC South – sie könnte den Panthers gehören, wenn Bryce Young einschlägt!
Frank Reich wird seinen neuen jungen Starting-Quarterback sukzessive formen. Der neue Head-Coach wird der First Overall Pick des NFL-Drafts 2023 die Zeit geben, die er braucht. Konkurrenz auf der Quarterback-Position ist ja erstmal eher keine in Sicht.
02 C.J. Stroud – Quarterback
Ohio State – Houston Texans
Auch die Houston Texans haben den Quarterback ihrer Wahl bekommen – C.J. Stroud – der junge Mann ist schwer einzuschätzen. Könnte Bust oder Quarterback-Gold sein. Auf alle Fälle muss der Rohdiamant noch geschliffen werden. Er hat tolle Beine und ist ein starker Allrounder, der schon in jungen Jahren fast alles auf seiner Spielmacher-Position kann. Weswegen ihm sogar gute Außenseiter-Chancen auf den First Overall Pick gegeben wurden.
Was macht den neuen Franchise-Quarterback der Texans so gut? Stroud wird ein hoher Football-IQ nachgesagt (sonst eher weniger IQ). Er hat eine gute Vision, die Ruhe weg und wirft seine Pässe präzise zum jeweiligen Receiver. Dazu ist er eine Dual-Threat-Waffe. Er ist durch die Luft als Passer genauso gefährlich wie auf dem Boden als Runner.
Am ehesten zum Verhängnis in seiner Rookie-Season könnte ihm seine Hybris werden. Vielleicht wähnt er sich besser als er letzten Endes ist. Da Houston aber von ganz unten kommt – und keine Quarterback-Konkurrenz in Sicht ist, wird er wohl Starter sein und auf Dauer bleiben. Stroud muss für die Texans schließlich nicht gleich die Superbowl holen!
03 Will Anderson – Defensive End
Alabama – Houston Texans
Per Trade mit den Arizona Cardinals während des Drafts
Die Texans picken an 2 – und dann picken sie gleich nochmal an der 3? Das war schon mal der erste Hammer im Draft. Ein unvorhergesehener Trade mit den Cardinals machte es möglich. Somit konnten die Texans nicht nur ihren Wunsch-Quarterback bekommen, sondern auch ihre neue Galionsfigur in der Defense.
Die Texans griffen bei Will Anderson zu, der als bester Edger Rusher der heurigen Draft-Klasse gehandelt wird.
Damit haben sich die Houston Texans auf beiden Seiten des Balls massiv verstärkt – und gelten als ein, wenn nicht der große Gewinner des Draft-Day 1. Congrats.
04 Anthony Richardson – Quarterback
Florida – Indianapolis Colts
Gewinner des Houston-Picks auf der 3 waren auch die Indianapolis Colts. Sie werden ihr Glück kaum fassen können, dass an der vierten Position Anthony Richardson zu haben ist. Sie mussten befürchten, dass an den ersten drei Draft-Positionen Quarterbacks weggehen. Spekuliert wurde, dass Seattle oder die Lions Gelüste nach einem neuen, jungen Quarterback haben könntenund hochtraden. Passierte aber nicht!
In Indy klafft seit dem Retirement von Andrew Luck ein Riesenloch auf der wichtigsten Position im American Football. Viele Quarterbacks kamen und gingen. Vor allem die Altstarts scheiterten an den Vorgaben. Philip Rivers genauso wie Matt Ryan oder Nick Foles. Nachdem die Experimente in Indianapolis mit den QB-Veteranen allesamt scheiterten, soll nun ein Young Gun die Colts zu altem Ruhm zurückführen.
Ob Anthony Richardson ein neuer Peyton Manning werden kann, sei mal dahingestellt. Aber sie haben einen Guten gepickt. Sein größtes Plus: Richardsons besitzt eine Armstärke wie He-Man mit der Zauberkraft. Der neue Colts-Quarterback kann genauso schnell (Quick Release) wie weit werfen (Vertikale Pässe Richtung oder in die Endzone). Zudem ist Richardson ein großer, kräftiger Passer, der gar nicht so leicht zu Boden zu kriegen ist (wie einst Big Ben in seinen besten Jahren).
Richardson Manko ist seine Unbeständigkeit: Ups folgten Downs. Aber dafür ist er ein Mentalitätsmonster. Er will immer gewinnen und reißt seine Teamkollegen gerne mit.
Ein Leader halt, wie in die Colts so dringend brauchten und nun bekommen haben! Go Colts!
05 Devon Witherspoon – Corner Back
Illinois / Seattle Seahawks
Per Trade mit den Denver Broncos vor dem Draft
Vertrauen die Seahawks dauerhaft Geno Smith, der die beste Pass Quote 2022 in der NFL hatte oder holen sie schon jetzt seinen potenziellen Nachfolger? Das war die Gretchen-Frage vor dem Draft! Die Antwort ist eindeutig: Die Seahawks vertrauen Smith und holten einen Cornerback statt Quarterback.
Und zwar den Besten: Witherspoon ist ein Tier. Der gute Mann ist nicht nur ein Shutdown-Cornerback erster Güte, sondern der vielleicht härteste Hitter auf seiner Position überhaupt. Er will die gegnerischen Receiver nicht nur am Passfang hindern, sondern regelrecht mit harten Körperchecks niederstrecken. Der Mann hasst es zu verlieren und will ab sofort auch allen NFL-Receiver-Stars die klare Botschaft aussenden: „Bis hierhin, aber keinen Schritt weiter!“
06 Paris Johnson Jr. – Offensive Tackle
Ohio State / Arizona Cardinals
Per Trade von den Los Angeles Rams via Detroit Lions
Da wird sich Kyler Murray aber freuen. Seine löchrige O-Line bekommt hervorragende Verstärkung. Paris Johnson hat Riesenarme mit großer Länge. Mit denen hält er seinem neuen Quarterbach zuverlässig die Verteidiger vom Leib und macht Löcher für das Laufspiel frei. Eine gute Wahl!
07 Tyree Wilson – Defensive End
Texas Tech – Las Vegas Raiders
Wenn es darum geht, wer die miesesten Entscheidungen in den First Round Drafts der letzten Jahren fällte, stehen die Las Vegas Raiders ganz oben auf der Liste. Fast alle First Rounder scheiterten sportlich – oder wurden ein Fall für das Gericht.
Dieses Jahr entschieden sich die Raiders in der ersten Draft-Runde für Tyree Wilson, einen Edge Rusher.
2022 generierte Wilson bei Texas Tech 50 Total Pressures, 32 QB Hurries inklusive, schaffte 10 QB Hits und stolze 8 Sacks. Zusammen mit Star Edge Rusher Maxx Crosby soll Wilson den gegnerischen Quarterbacks das Fürchten leeren und den Drive schnell beenden. Crosby und Wilson – die Beiden werden mit die allerbesten Quarterback-Jäger der gesamten NFL sein.
08 Bijan Robinson – Running Back
Texas / Atlanta Falcons
Der wahrscheinlich umstrittenste Pick in den Top 10 des NFL-Drafts 2023. Ein Running Back an 8. Stelle? Ist das nicht Verschwendung des Erstunden-Picks? Hätte man Bijan Robinson nicht auch billiger in der 2. Runde bekommen können?
NEIN!
Weil Bijan Robinson als größtes Running Back Talent seit Saquon Barkley gilt (Barkley wurde seinerzeit von den Giants sogar an 2. Stelle gedraftet).
Was macht Robinson so außergewöhnlich? Der neue Falcon ist ein sehr guter Rusher und ein sehr guter Receiver. Das macht ihn unberechenbar und zu einem künftigen Superstar der Liga. Er wird der NFL seinen Stempel aufdrücken und gemeinsam mit Maschine Cordarrelle Patterson für extrem viele viele Yards und Touchdowns sorgen.
Und wenn man sah, wie sich Bijan Robinson darüber freute, dass er jetzt ein Falcon ist, kann diese Wahl nur eine gute sein.
09 Jalen Carter – Defensive Tackle
Georgia / Philadelphia Eagles
Per Trade mit den Chicago Bears während des Drafts (davor Trade mit den Carolina Panthers)
Viele Scouts und Mock-Drafter sahen Jalen Carter aufgrund seines Könnens als First Overall Pick. Aber er ist der Bad Boy des heurigen Drafts, war in ein Autorennen mit Unfallfolgen verwickelt. Tatsächlich wollte sich auf den ersten acht Plätzen niemand die Finger mit dem Risiko-Pick verbrennen. So aber griffen die Eagles dankbar zu, als Carter an neunter Stelle immer noch verfügbar war. Carter ist ein Modell-Athlet und Tackler von Format, wie es ihn so nur selten gibt. Wenn sie in Philly seinen Charakter in den Griff kriegen, kriegen sie einen künftigen NFL-Superstar.
Die ohnehin schon unfassbar starke Eagles-Defense bekommt demnach ein weiteres Juwel hinzu. Und wird kaum zu knacken sein. Die Eagles machen nach Draft-Day 1 klar. Sie wollen 2023 wieder in den Superbowl.
10 Darnell Wright – Offensive Tackle
Tennessee / Chicago Bears
Per Trade mit den Philadelphia Eagles während des Drafts (davor Trade mit New Orleans)
Der aggressive Run-Blocker wird sofort ein Starter sein, war aber nur der 22. gerankte Prospect auf dem PFF-Draft-Board. Auf der Habenseite stehen bei Darnell Wright: nur 8 erlaubte Pressures in 2022 und nur ein erlaubter Sack in seinem Senior Year.
Justin Fields brauchte unbedingt einen zuverlässigen Pass-Protector auf der rechten Seite – den bekam er mit dem vielseitig einsetzbaren O-Liner. Der Bears Quarterback wurde 2022 gleich 55 Mal gesackt, 2023 sollte er dank des hochtalentierten NFL-Rookies Wright deutlich weniger am Boden liegen. Die Bears-Offensive-Line dürfte dieses Jahr viel besser halten.