Der Schalker Fehlstart ist komplett. Der letztjährige Vize-Meister ist nach der 0:2 Heimniederlage gegen die Bayern am Tabellenende angekommen. 5 Gründe, wie es so weit kommen konnte

Die Millionen-Transfers zünden nicht

54 Millionen Euro investierte Königsblau in diesem Sommer in die Verstärkung der Mannschaft. Ein Sebastian Rudy kam für 16,5 Millionen von Meister Bayern. Ein Suat Serdar und Omar Mascarell wechselten mit großen Hoffnungen versehen für je rund 10 Millionen zu Schalke. Und Salif Sané und Hamza Mendyl kosteten immer noch je 7 Millionen. Ablösefrei kam darüber hinaus ein Mark Uth aus Hoffenheim. Trotz der zahlreichen namhaften Verstärkungen ist bei Schalke der Wurm drin. Die Neuzugänge zünden auf Schalke (noch) nicht. Bestes Beispiel:  Mark Uth. Letztes Jahr war der Angreifer noch drittbester Scorer der deutschen Bundesliga hinter Robert Lewandowski und Thomas Müller. In Gelsenkirchen kriegt er seine Füße nicht sortiert. 0 Tore nach 6 Spielen inkl. Pokal und Champions League sind ein Armutszeugnis für einen Mann seiner Klasse. Auch Sebastian Rudy konnte in seiner kurzen Zeit auf Schalke noch nicht beweisen, dass er der neue Chef im Mittelfeld auf Schalke ist. Sane, Mascarell, Serdar und Mendyl sind bestenfalls Mitläufer, prägen und beleben das Spiel der Tedesco-Truppe aber noch nicht.

Fazit: Die Abgänge von Goretzka, Meyer und Kehrer hinterließen eine klaffende Lücke auf Schalke, die von den Neuen noch nicht geschlossen werden konnte. Der Verlust der Schalker Star-Spieler der letzten Saison wiegt viel schwerer als ohnehin schon vielerorts befürchtet.

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Die Defensive wurde vom Trumpf zum Problem

Wenn du vier Liga-Spiele in Serie verlierst, dann kann es um deine Abwehr nicht besonders gut gestellt sein. Letztes Jahr wies Schalke mit nur 37 Gegentoren die drittbeste Abwehr der Liga auf – bekam pro Spiel nur rund 1 Gegentor. Doch heuer bekommen die Königsblauen in der Bundesliga das Doppelte an Gegentoren eingeschenkt. 2 Buden pro Spiel sind zu viel. Zumal die Defensive und nicht die Offensive das Prunkstück der Mannschaft war und ist.

Fazit: Die Priorität sollte ab sofort wieder der Stärkung der Defensive gelten. Diese war das Fundament für die Erfolge der letzten Saison.

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Die Offensive erfährt keine Entwicklung

Letzte Saison fuhr Schalke viele Siege knapp und dreckig ein. Das funktionierte, weil Schalke hinten dicht machte und vorne meistens ein Törchen mehr gelang als dem Gegner. Heuer gelangen Burgstaller und Co. gerade einmal 2 Tore in 4 Spielen. Das ist ein Schnitt von 0,50 Toren pro Spiel. So kannst du keine Spiele gewinnen. Nach vorne hapert es. Auch in der Champions League wehte unter der Woche nur ein laues Angriffslüftchen durch die Veltins Arena. 2 Schüsse aufs Tor von Porto zeigen überdeutlich die ganze aktuelle Harmlosigkeit der Schalker Mannschaft. Im Mittelfeld fehlt es an Kreativität und Zuspielen. Hoffnungsträger Rudy bleibt blass, Harit steckt nach seinem Autounfall in der Heimat in der Krise und Spieler wie Franco di Santo bekommen zwar immer und immer wieder das Vertrauen ihres Trainers geschenkt, zahlen aber nicht mit Leistung zurück. Dazu sind die Neuen noch nicht gut integriert. Ein Mark Uth verhungert vor dem Tor, weil ihm die Zuspiele in die Tiefe fehlen. Und auf die langen Bälle der Schalker, dem bevorzugten Offensiv-Mittel der letzen Saison, scheinen sich die Gegner in der Bundesliga inzwischen bestens eingestellt zu haben.

Fazit: Tedesco strebte für diesen Herbst  den nächsten Schritt in der Entwicklung seiner Offensive an. Der junge Trainer wollte die Mannschaft attraktiver und kreativer spielen lassen, allein er hat die passenden Spieler nicht dafür. Er sollte bis auf Weiteres wieder zu seinem pragmatischen Erfolgsfußball der letzten Saison zurückkehren. Solange bis er Schalke stabilisiert hat. In der Krise sollte ein Jeder in der Regel auf bewährte Ressourcen vertrauen. Besser die Stärken stärken als die Schwächen stärken.

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Die Stimmung ist gekippt

Die Niederlagen-Serie führte dazu, dass im Pott ein neues veritables Problem entstanden ist, das es zu lösen gilt. Die lange Zeit so gute und positive Stimmung auf Schalke ist gekippt. Die Fans sind unzufrieden, in der Mannschaft rumort es. Bester Beweis waren die wüsten Beschimpfungen von Franco di Santo gegen seinen Trainer nach dessen Auswechslung. Dass generell die Nerven beim Tabellen-Letzten blank liegen, zeigt auch die Reaktion des Trainers selbst auf Di Santos Eskapade. Lippenlesern zufolge soll Tedesco seinem Spieler „Halt die Fresse“ entgegnet haben. Es brodelt auf Schalke… Tedesco hat gezeigt, dass er ein hervorragender Fußball-Lehrer ist. Nun muss er zeigen, dass er auch ein hervorragender Krisenmanager sein kann. Insbesondere als Schalke gerne schwierige Charaktere zum Verein holt. Ein Konoplyanka, Harit, Di Franco oder Embolo fielen in der Vergangenheit immer wieder mal durch Disziplinlosigkeiten auf. Sie könnten zusätzliches Öl sein, dass Tedesco gerade jetzt nicht zusätzlich ins Feuer geschüttet haben will.

Fazit: Schalke ist inzwischen nicht mehr nur auf dem Platz, sondern auch abseits des Platzes verunsichert. Das kostet Energie, Energie, die der Verein gerade jetzt dringend brauchen würde, um sich aus dem Loch zu befreien. Am leichtesten lässt sich die darniederliegende Stimmung mit sportlichen Erfolgen verbessern. Schalke hat das Glück, dass nun eine Englische Woche ansteht, mit dem nächsten Spiel in ein paar Tagen in Freiburg. Fußball ist Tagesgeschäft. Ein Sieg und Schalke kann schon wieder etwas durchatmen und auf bessere Tage hoffen.

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Schalke hat letztes Jahr überperformt

Die Erwartungen auf Schalke waren nach der exzellenten Saison exorbitant in den Himmel gewachsen. Platz 2 war aber weniger der Stärke der Schalker als vielmehr der Schwäche anderer Vereine wie Dortmund, Leipzig oder Leverkusen geschuldet. Nach den Millionen-Investitionen im Sommer in neue Spieler meinte der ein oder andere im Umfeld, nun die Bayern attackieren zu müssen. Anspruch und Realität stimmen hier einfach nicht überein. Vielleicht ließ das den einen oder anderen überheblich werden. Vielleicht kostete das auf dem Platz wichtige Prozente im Leistungsvermögen. Doch gestern Abend zeigte der Meister dem Vize-Meister auf, wo er im wahren Leben steht.

Fazit: Schalke hat sich in diesen Tagen und Wochen etwas selbst verloren. Der ganze Verein sollte sich wieder vergegenwärtigen, wer man ist und woher man kommt. Vielleicht besinnt sich der Vize-Meister schon bald wieder auf seine klassischen Tugenden und seine Grund-DNA. Schalke ist und bleibt ein Malocher-Verein, der über harte Arbeit zum Ziel kommt. 

Die gute Nachricht für alle Schalker zum Schluss: Genauso wenig wie Schalke die zweitstärkste Kraft in der Liga ist, ist es das schlechteste Team. Der hochgelobte Tedesco wird den Traditionsverein bis Winter wieder aus dem Keller in höhere Regionen der Tabelle führen. Für alles andere ist Schalke 04 viel zu gut.