Max Verstappen war immer die klare Nummer 1 bei Red Bull – und Sergio Perez die klare Nummer 2. Red Bull hat diese langjährige Hierarchie plötzlich ausgehebelt – und schießt sich damit an mehreren Fronten ins eigene Bein.
Max die Nummer 1, Sergio sein Adjutant. So war seit Anbeginn an die Rollenverteilung beim aktuellen Konstrukteurs-Weltmeister Red Bull.
Nach dem Großen Preis von Aserbaidschan ist die bewährte Red Bull Hierarchie gehörig durcheinander gekommen.
Das ist gut für Checko und schlecht für Max – aber vor allem für Red Bull.
Die Bullen schießen sich mit diesem neuen Laissez-faire-Führungsstil ohne Teamorder und Teamleader ins eigene Bein. Und das gleich an mehreren Fronten.
Bullen machen Max unglücklich!
Jeder, der Max Verstappen kennt, weiß, dass der Doppel-Weltmeister nichts mehr hasst, als zu verlieren. Bei Max geht das Verlieren schon mit dem 2. Platz los. Das ist für ihn nur der erste Platz für Verlierer.
Verstappen hat zwei der bisher vier absolvierten Formel 1-Rennen gewonnen! Eine hervorragende Bilanz! Das ist eine beeindruckende Siegquote von 50 Prozent.
Zum Vergleich: Lewis Hamilton besitzt in seiner Formel 1-Karriere eine Siegquote von 32,80 Prozent.
Doch es hätten mehr Siege werden können. Genau gesagt: Zwei Siege mehr werden können.
Zwei Mal lag Sergio Perez vor seinem Teamkollegen Max Verstappen. Zwei Mal hätte Teamchef Christian Horner anordnen können, dass Sergio, die Nummer 2, Max, die Nummer 1, vorbei lassen muss. Doch zwei Mal kam überraschenderweise keine Anweisung aus dem Kommandostand. Perez durfte sein Rennen als Leader zu Ende fahren und gewinnen. Womit der Mexikaner in Saudi-Arabien und zuletzt in Aserbaidschan zwei Rennen gewann, die Verstappen extrem schmerzen.
Es ist neu für den erfolgsverwöhnten Racer und für die Red Bull Fans sowieso, dass es keine Teamorder mehr im Bullenstall gibt. Verstappen war immer der Liebling und Bevorzugte. Perez die rechte Hand von Verstappen.
In der Saison 2021 wäre es undenkbar gewesen, dass Perez vorne bleiben darf. Auch vergangene Saison, 2022, war Perez nur der Wasserträger für seinen holländischen Kollegen.
Jetzt stellt Red Bull Perez plötzlich auf die selbe Stufe wie Verstappen. Das bringt viel Ärger mit sich.
Verstappen schimpft nur mehr wie ein Rohrspatz
Es schaut so aus, als könnten 2023 nur zwei Fahrer Weltmeister werden. Der erste heißt Max Verstappen. Und der zweite Sergio Perez. Und das passt Ersterem gar nicht.
Verstappens Verständnis ist, dass jeder Fahrer hinter ihm nur einzig und allein seinen Zwecken zu dienen hat. Siehe auch das unrühmliche Rennen in Brasilien 2022, als Verstappen Perez partout keine Schützenhilfe leisten wollte, damit dieser vor Ferrari-Mann Charles Leclerc Vize-Weltmeister wird („Don´t ask that again“).
Nach Baku ist Pererz nur läppische sechs Punkte hinter Zampano Verstappen. Dessen dritte Weltmeisterschaft in Serie ist in Gefahr – ausgerechnet durch „Friendly Fire“. Doch wie lange kann das noch gut gehen im Hause Red Bull?
Der 25-Jährige ist mit der neu erwachsenen internen Konkurrenz alles Andere als happy!
Gerüchteweise verlangt Verstappen sogar, dass Perez nach der Saison Red Bull verlassen muss. Es soll nur einen Fahrer-Gott beim österreichischen Formel 1-Rennstall geben.
Verstappen ist mit der Gesamtsituation unzufrieden. Der Doppel-Weltmeister schimpft in einer Tour wie ein Rohrspatz. Über alles und jeden lässt sich der fliegende Holländer aus. Verstappen kritisiert sein Team wegen des unglücklichen Boxenstopps in Baku kurz bevor das Safety-Car rauskam, Verstappen attackiert George Russell nach der Kollision im Sprint, Verstappen kritisiert Mercedes, Verstappen kritisiert das Sprint-Format.
Red Bull hat 2023 jedes Qualifying und jedes Rennen gewonnen. Eigentlich müssten Christian Horner und Helmut Marko die glücklichsten Menschen auf der Welt sein. Doch längst schrillen die Alarmglocken bis nach Österreich.
Noch ist der Vulkan verhältnismäßig still. Obwohl Verstappen bei einer Siegquote von 100 Prozent stehen könnte nach vier Saisonrennen.
Sollte jedoch Perez in Miami die Führung in der Weltmeisterschaft übernehmen, wird der Vulkan Max Verstappen endgültig ausbrechen. Dann ist Feuer am Dach. Das ist so sicher wie das Amen im Gebet. Wenn sein Adjutant Perez vor ihm in der Fahrerwertung liegt, wird Verstappen keine Geduld mehr mit den strategischen Team-Entscheidungen von Red Bull haben und wohl bald öffentlich auf rasche Klärung der Einser- und Weltmeisterfrage im Team drängen. Anders ausgedrückt: Er wird von seinen Chefs Horner, Marko und Co. wohl verlangen, dass niemand außer ihm Weltmeister werden darf.
Sollte Perez am Ende der Saison tatsächlich Weltmeister werden, könnte das womöglich sogar den Abgang von Verstappen von Red Bull bedeuten. Schwer vorstellbar, dass sich der Ausnahme-Fahrer eine weitere Saison von einer Nummer 2 demütigen lässt. Oder Verstappen könnte auf einen Fahrerwechsel drängen – etwa Daniel Ricciardo statt Sergio Perez. Was Red Bull fast nicht tun kann? Wer lässt einen regierenden Weltmeister ziehen? Aber einen Max Verstappen darfst du auch nicht verlieren – nicht einmal verärgern! Das bringt nur Probleme!
Rekorde für die Ewigkeit sind so nicht möglich
Viele Formel 1 Fans fürchten, dass Red Bull diese Saison jedes Rennen gewinnen könnte. Ausgerechnet George Russell von Mercedes vertritt diese Meinung. Kommt es tatsächlich so – und nach vier Rennen sind die Bullen noch makellos – wäre es eine noch nie dagewesene Leistung in der Formel 1. Am nächsten dran war McLaren im Jahr 1988. Der Brasilianer Ayrton Senna und der Franzose Alain Prost gewannen damals 15 von 16 Rennen. Nur eines ging „verloren“ und vermieste McLaren die „Perfect Season“.
Sollte Red Bull heuer tatsächlich jedes oder nahezu jedes Rennen gewinnen, wären weitere Rekorde für die Ewigkeit möglich. Der Rekord für die meisten Saisonsiege liegt bei 15 – aufgestellt von Max Verstappen in der Saison 2022. Wenn Red Bull Verstappen wie in der Vergangenheit Max Verstappen vom Start weg zum Weltmeister gepusht hätte, dann würde dieser nun schon bei vier Saisonsiegen halten und wäre drauf und dran, einen neuen Rekord für die Ewigkeit aufzustellen. Den dann vielleicht nie wieder jemand brechen kann.
Mit der Aufwertung von Perez stört Red Bull aber diesen neuen Rekord für die Ewigkeit.
Außerdem ist die Gefahr große, dass es zwischen Max Verstappen und Sergio Perez nicht nur wie bislang neben der Strecke kracht, sondern bald auch auf der Strecke. Schließlich wollen jetzt Beide um jeden Preis Weltmeister werden. Bislang fuhren die Beiden kollegial im Sinne von Red Bull. Wenn jetzt aber Beide gegeneinander um den Weltmeistertitel 2023 fahren – könnten es auf der Strecke bald böse krachen. Zum Leidwesen von Red Bull und eigentlich allen!
Perez fährt so egoistisch wie noch nie! So kennt man ihn nicht. Der Mexikaner stellt plötzlich Ansprüche auf den Weltmeister-Titel! Das bringt die bisherige Red Bull Hierarchie total durcheinander. Mit Folgen. Fragezeichen?
Pulverfass Perez?
Pulverfass Verstappen?
Pulverfass Red Bull?
Wenn sich Red Bull da mal mit zwei Einser-Fahrern nicht böse ins eigene Knie schießt!
Red Bull schießt sich ins eigene Knie
Red Bull hasst Mercedes (und Mercedes hasst Red Bull). Es gibt nichts Schöneres für die Roten Bullen, wenn sie Mercedes besiegen und wenn ihre Fahrer besser sind als die von Mercedes. Das dürfte dieses Jahr null Problemo sein, um es mit den Worten von Alf zu sagen. Aber Red Bull strebt nach Höherem. Sie wollen die Besten aller Zeiten werden!
Momentan hat ein gewisser Lewis Hamilton so gut wie jeden Rekord inne. Die meisten Rennsiege, die meisten Pole Positions, die meisten Punkte usw. usf. – Max Verstappen ist schon mit 17 Jahren in die Formel 1 gekommen und mit 25 Jahren Doppelweltmeister. Schon jetzt hat er in vielen Statistiken Viele der Allergrößten überholt.
Wenn er aber seinen größten Rivalen packen will, muss Red Bull Max Verstappen wieder mehr lieb haben. Ein Bottas hat oft genug einem Hamilton Platz machen müssen. Ein Gerhard Berger musste seinen Spezi Ayrton Senna oft genug kurz vor der Ziellinie zum Sieg vorbei lassen. Bei genannten Fahrerduos wäre es undenkbar gewesen, das der zweite Fahrer vor dem ersten Fahrer bleiben darf. Hier musste der zweite Fahrer immer für den ersten Fahrer fahren (höchstens es ging nicht anders – dann durfte auch der Zweite gewinnen).
Bei Red Bull ist es seit dieser Saison aber genau so!
Hamilton wird´s extrem freuen!
Perez darf siegen! Und nimmt Max damit wichtige Siege, wichtige Punkte und eventuell – langfristig betrachtet – auch wichtige Langzeit-Rekorde weg. Red Bull hat es in der Hand, Max Verstappen zum größten Fahrer in der Geschichte der Formel 1 zu machen.
Wenn Red Bull aber so weiter macht, wird Verstappen eher nicht der Größte aller Zeiten!
Aber nur dann, wenn Verstappen wieder der klare Nummer 1 Fahrer im Team ist – und Sergio Perez wieder in seine Rolle als Helferlein zurückgepfiffen wird. Dann kann Red Bull die Triumphe von Mercedes brechen – und Verstappen eines Tages Hamilton dessen Langzeit-Rekorde wegschnappen.
Red Bull will aber kein Machtwort sprechen.
Somit ist es für den weiteren Saisonverlauf wahrscheinlicher, dass es Ausnahmekönner Verstappen selber richten muss. Perez ist der König der Straßenkurse, fuhr aber sonst sehr unauffällig auf den meisten anderen Rennstrecken. Wenn Verstappen sich in den nächsten Rennen ein Punktepolster auf seinen neuen größten Konkurrenten herausfahren kann, wird er im Team sehr schnell wieder zur klaren Nummer 1 aufsteigen – und Perez auf seinen alten Status abgewertet.
Dann sind auch die Saison- und Karriererekorde für die Ewigkeit wieder deutlich greifbarer.
Für Max Verstappen – aber auch für Red Bull.