KOMMENTAR

28 Spieler standen beim 327. Derby auf dem Spielfeld, nur 5 davon waren Wiener. Alle auf Seiten Rapids. Die Wiener Austria bot im Duell der Hauptstadt-Klubs keinen einzigen Wiener auf. Das ist schade. Verdammt schade…

Christoph Knasmüllner, Marvin Potzmann, Ivan Ljubicic, Mert Müldür – später Stephan Auer. So hießen die 5 Spieler mit Wiener Herkunft im letzten Wiener Derby. Alle spielen auf Seiten Rapids. Die Austria hatte weder in der Startelf noch bei den Einwechselspielern einen gebürtigen Wiener im Aufgebot, ja nicht einmal auf der Trainerbank. Meiner Meinung nach fehlt dem Wiener Derby damit das Wichtigste, die Wiener DNA.

Der Wiener Identität ist verloren gegangen

Bei einem Stadtderby geht es um die fußballerische Vorherrschaft in der Stadt für die nächsten Wochen und Monate. Wer gewinnt, ist der Held eines ganzen Stadtteils. Wer verliert, sollte sich bis zum nächsten Derby-Sieg besser nicht mehr in der Gegend blicken lassen (wie auch leider gestern wieder einige Rapid-*hust*-Fans deutlich machten). Legendär waren sie, die einstigen Duelle zwischen einem Schöttel und einem Ogris. Es war ihr Verein, ihr Bezirk, ihre Heimat. Früher waren die Spieler mit Leib und Seele Austrianer oder Rapidler, oft seit früher Kindheit. Ein Toni Polster war durch und durch Austrianer. Ein Andi Herzog war durch und durch Rapidler. Sie atmeten Grün-Weiß. Sie lebten Violett. Sie prägten mit ihrem violetten bzw. grün-weißen Blut die DNA des Vereins. Vice versa prägte der Verein ihre persönliche DNA. Für die Fans waren diese Spieler vorbildhafte Identifikationsfiguren. Lokale Helden, mit denen sie sich identifizieren konnten, weil diese ihnen selbst sehr ähnlich waren. Ein Polster war einer wie sie. Ein Herzog war einer wie sie. Aufgewachsen mit dem selben Verein. Verbunden mit dem selben Verein seit Kindheitstagen.

Was ist ein Wiener Derby „ohne“ Wiener? 

Heute kämpft der Steirer (Sonnleitner) gegen den Kärntner (Grünwald) oder der Rumäne (Ivan) gegen den Serben (Matic). Ein Stück Wiener Identität ist verloren gegangen. In einer globalen Welt verständlich, doch beim Wiener Derby fehlt nunmehr irgendwie der Wiener Charme. Die Wiener Identität, sie ist über weite Strecken flöten gegangen.

Natürlich existieren auch heute noch langjährige, treue Vereinsspieler wie es ein Alexander Grünwald auf Seiten der Austria ist – oder ein Mario Sonnleitner auf Seiten Rapids.

Natürlich kämpfen auch heute noch die Spieler mit höchstem Einsatz um Punkte, um Ruhm und Erfolg und geben alles für Verein und Mannschaft, zweifelsfrei.

Aber sie tun es nicht mehr, weil in ihrem Körper ein Wiener Herz schlägt oder durch ihre Adern Wiener Blut fließt. Sie tun es, weil sie Profis sind. Das Besondere aber, das Regionale, das Identitätsstiftende, das Verbindende ist dem zweitältesten Stadtduell Europas etwas abhanden gekommen. Dem Wiener Derby fehlen einfach die Wiener.

 

„Heeeerst, drah di, Deppata!“

Mag. Daniel Hoffmann

Mag. Daniel Hoffmann

Gründer und Autor von Fußball und Football News

Auf diesem Sportblog schreibe ich über die zwei besten und faszinierendsten Sportarten der Welt – Fußball und Football.

Ich verfüge über ein Jahrzehnt Erfahrung als Fach-Journalist im Medien-Bereich. Die meiste Zeit davon war ich für das WirtschaftsBlatt Online tätig.

Schau dich ein bisschen um und hol dir dein zusätzliches Sportwissen.

Dein Daniel Hoffmann